Keine Entlastung erteilt

Veröffentlicht am 23.10.2023 in Kommunalpolitik

Bürgermeister Stefan Frühwald nahm den Bericht des Rechnungsprüfungsausschusses weitgehend unbewegt zur Kenntnis. (Archivfoto: Markus Steiner)Bürgermeister Stefan Frühwald nahm den Bericht des Rechnungsprüfungsausschusses weitgehend unbewegt zur Kenntnis. (Archivfoto: Markus Steiner)

PLEINFELD - „Der Rechnungsprüfungsbericht soll Hinweise geben und keine Kritik sein“, sagte Uwe Geuder, Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses der Marktgemeinde Pleinfeld, in der vergangenen Sitzung. Ein zurückhaltend formulierter Satz, der die Sprengkraft verschleiert, die hinter dem Prüfungsbericht steckt – an dessen Ende Bürgermeister Stefan Frühwald nicht entlastet und seine Führungskompetenz infrage gestellt wird. Die Mängelrüge aus dem vergangenen Jahr hat offenbar wenig Wirkung gezeigt.

 

Die örtliche Rechnungsprüfung befasst sich insbesondere damit, ob beispielsweise der Haushaltsplan eingehalten worden ist, Beschlüsse des Gemeinderates ausgeführt wurden und es wird Einblick in die Organisation des Personalwesens genommen. Für den aktuellen Bericht wurden die Haushaltsjahre 2021 und 2022 zusammengefasst und damit die Verzögerungen aufgearbeitet, die sich durch die Pandemie ergeben haben. Die Gemeindewerke Pleinfeld wurden gesondert geprüft.

Beschlüsse: Die kommunale Finanzplanung sei sachlich richtig erstellt worden, sagte Geuder. Allerdings wären die Rücklagen in den Haushaltsjahren 2021 und 2022 deutlich angestiegen: „Grund dafür ist ein wahrnehmbarer und nicht verantwortbarer Investitionsstau. Beschlüsse werden im Gemeinderat gefasst, aber zum großen Teil nicht umgesetzt.“ Teil des Problems sei auch der Personalwechsel im Bauamt, weswegen Projekte nicht aktiv und konsequent verfolgt würden.
 
„Die Planungsgrundlagen sind da“, sagt er. Und nannte das Straßenkataster als Basis für die ausstehenden Straßenbaumaßnahmen, das nun zwar finanziert worden ist, aber nicht genutzt wird. „Wir können da ruhig mutiger in der Umsetzung sein“, sagte Geuder, ohne die Zögerlichkeit des Bürgermeisters direkt zu benennen.
 
Verwaltung: Der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses mahnte einen schonenderen Umgang mit personellen Ressourcen. „Personaldaten werden auf verschiedene Weise erfasst, was zu einer doppelt und dreifachen Verwaltungstätigkeit führt.“ Außerdem legte er dem Bürgermeister nahe, in Zukunft seine Urlaubsanträge gegenzeichnen zu lassen. Auch müsste die Vertreterregelung innerhalb der Verwaltung nachvollziehbar gelöst und bei Abwesenheit ein Zugriff auf alle relevanten Daten gewährleistet sein.
 
 
Personalwesen: „Die Gemeinde hat nachweislich kein Problem an Mitarbeiter zu kommen, aber ein Problem diese zu halten“, so Uwe Geuder. Die hohe Fluktuation liege anscheinend an der mangelnden Attraktivität des Arbeitsplatzes. „Gewisse Leute sollten sich Personalführung und Krisenkommunikation aneignen“, sagte er – ohne diese gewissen Leute zu benennen.
 
 
Fördermittel: Weil die Marktgemeinde bei der Sanierung der Mittelschule 2014 in zwei Fällen „förderschädlich“ vorgegangen ist – sprich, sie hat die Vorgaben, das sie zur Auszahlung von Fördermitteln berechtigt, nicht erfüllt – hat die Regierung von Mittelfranken eine Rückzahlung von Fördergeldern gefordert. Diese Mittel waren bereits 2021 perspektivisch in den Haushalt eingestellt worden; im selben Jahr hat die Gemeinde eine Zahlungsaufforderung erhalten.
 
„Das wurde zur Kenntnis genommen, aber es ist nichts passiert“, sagte Geuder. Auch 2023, nach Einleitung eines Mahnverfahrens durch die Bezirksregierung und einer Fristsetzung sei keine Reaktion erfolgt. Ein Teil der Rechnung wurde dann im Juni nach in einer Sondersitzung des Gemeinderats beglichen, zu der Bürgermeister Frühwald nicht anwesend war, weil er im Urlaub weilte. Den zweiten Teil der Forderung betrifft ein fehlendes Lüftungskonzept für die Mittelschule. „Wir müssen das jetzt endlich erstellen, damit die Regierung sieht, dass die Gemeinde reagiert.“
 
 
Gemeindewerke: Die Gemeindewerke Pleinfeld sind ein eigenständiger Betrieb, dessen Rechnungen demzufolge gesondert geprüft werden. Seien schon in den Vorjahren die Jahresabschlüsse angemahnt worden, so sei die diesjährige Rechnungsprüfung „desaströs“ gewesen, sagte Geuder. Als der Prüfungstermin angestanden habe, seien dem Ausschuss keine Bilanzen vorgelegt worden: „Wir standen vor einem leeren Tisch.“ Auf Nachfragen der Ausschussmitglieder habe der kaufmännische Leiter nicht reagiert und Fristen ignoriert.
 
Mit den Bilanzen für die Gemeindewerke wurde ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen beauftragt, das eklatante Versäumnisse und Fehler aufgedeckt hat. Die Unterlassungen des kaufmännischen Leiters seien im Rathaus bekannt gewesen, aber keine Initiative ergriffen worden.
 
 
Fazit: Zwei Dinge seien für den Rechnungsprüfungsausschuss nicht nachvollziehbar gewesen: Der Umgang mit den Forderungen der Regierung von Mittelfranken. Und das Walten des kaufmännischen Leiters der Gemeindewerke. „Wir sind deshalb zu dem Entschluss gekommen, dass wir keine Entlastung herbeiführen können“, sagte Uwe Geuder. Worunter Bürgermeister Stefan Frühwald als oberster Dienstherr natürlich „zu leiden“ habe. „Wenn wir aber merken, dass etwas passiert und dass die Vorgänge transparent gemacht werden, dann können wir im Nachhinein eine Entlastung durchführen“, schloss der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses seinen Bericht ab.
 
Bürgermeister Stefan Frühwald, sagte, er sei sich „der Gesamtverantwortung bewusst“ und nehme die Hinweise auf. Die Vertreter des Werksausschusses und des Rechnungsprüfungsausschusses will er zum Austausch einladen und das fehlende Lüftungskonzept für die Mittelschule sei bereits beauftragt – so seine kurze Replik auf den Bericht der Rechnungsprüfung.
 
 
Stimmen aus dem Gremium: Rainer Braun (CSU) hat das Versagen der Leitung der Gemeindewerke schon in den Vorjahren „keimhaft angelegt“ gesehen und sagte in Richtung Bürgermeister: „Gesamtverantwortung ist nicht delegierbar.“
 
Bernhard Endres (SPD) sah in dem Prüfungsbericht eine starke Kritik an Frühwald: „Er lässt liegen, er handelt nicht, er entscheidet nicht.“ Die Vorgänge bei den Gemeindewerken nannte er ein „absolutes Versagen“, was die Gemeinde durch Untätigkeit und Verzögerungen etwa 80 000 Euro gekostet habe.
 
Gerhard Fuchs (FW) konkretisierte die desolate Personalsituation in Zahlen: „Zwischen 2002 und 2011 hat es sechs Kündigungen gegeben, im Jahr 2022 waren es 13. Das liegt am Führungsverhalten.“ Was Frühwald mit einem leichten Kopfschütteln quittierte.
 
Die Gemeinderatsmitglieder folgten einstimmig der Feststellung des Rechnungsprüfungsausschusses und erteilten Bürgermeister Stefan Frühwald keine Entlastung.
 
Quelle: Weißenburger Tagblatt vom 21. Oktober 2023
Text: BARBARA STRULLER
Foto: © Archiv: Markus Steiner, NN
 

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